Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung.
Nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin beantrag worden war, wurde die Beklagte zur sog. starken Insolvenzverwalterin bestellt. Am 01.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin dann eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch dessen außerordentliche Kündigung bereits zum 29.09.2017. Mit seiner Klage hat der Kläger für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommenen 20 Urlaubstage Abgeltung verlangt. Er war der Auffassung, die Beklagte schulde die Urlaubsabgeltung als Masseverbindlichkeit, weil sie seine Arbeitsleistung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als starke vorläufige Insolvenzverwalterin in Anspruch genommen habe. Der Kläger scheiterte mit seiner Klage vor dem Arbeits- und dem Landesarbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht hat ihm hinsichtlich der Urlaubsabgeltung Recht gegeben.
Der Kläger hat Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Kann einem Arbeitnehmer Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz abzugelten. Durch das vorliegende Urteil ist nun geklärt, dass dieser Abgeltungsanspruch ist eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO. Hierfür sei ausreichend, dass der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Gegenleistung in Anspruch genommen habe. Entscheide sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeitnehmers, habe er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeit, quasi als Gesamtpaket, zu erfüllen. Hiervon seien auch Ansprüche umfasst, denen keine Wertschöpfung für die Masse gegenüberstehe. Die Insolvenzordnung sehe soweit keine Einschränkung der Arbeitgeberpflicht zu Gunsten der Masse vor.
Es sei auch nicht so, dass nur der auf die Dauer der tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfallenden anteilige Geldwert des Urlaubs als Masseverbindlichkeit zu berücksichtigen sei, wie dies zuvor der 9. Senat des BAG entschieden hatte. § 55 Abs. 2 InsO würde nicht die Masse, sondern den Vertragspartner schützen, um mit dessen Leistungen die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen. Der Gesetzeszweck biete deshalb keine unterschiedliche Behandlung von Ansprüchen im Sinne einer Aufwertung von Entgelt als Gegenleistung nur für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung. § 55 Abs. 2 InsO setze vielmehr lediglich die grundsätzliche Inanspruchnahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für die Einordnung als Masseverbindlichkeit voraus. Ist dies der Fall, differenziert die Insolvenzordnung nicht weiter danach, welche vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche des Arbeitnehmers noch in dem Kontext der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung stehen oder hiervon losgelöst entstehen können.
Die vorliegende Entscheidung des BAG zeigt deutlich, dass das Urlaubsrecht auch vor dem Insolvenzrecht Bestand hat. Dies bringt für Insolvenzverwalter mehr Rechtssicherheit als bisher, da eindeutig geklärt ist, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mangels insolvenzrechtlicher Sonderregelungen somit eine nach § 55 Abs. 2 InsO in voller Höhe zu erfüllende Masseverbindlichkeit ist, sofern der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch genommen hat. Obwohl der Urlaubsabgeltungsanspruch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, ist er als Bestandteil des Arbeitsverhältnisses ein vollwertiger Anspruch aus diesem und kann nicht aufgeteilt oder gekürzt werden, nur weil der Arbeitgeber insolvent wird. Will ein Insolvenzverwalter dies vermeiden, muss er konsequent schon auf die Arbeitsleistung des jeweiligen Arbeitnehmers verzichten.